Am 24. September sind Bundestagswahlen, bis dahin wird wieder viel gejammert werden. Darüber, dass sich die großen Parteien immer ähnlicher werden, darüber, dass man keine rechte Wahl mehr habe, schließlich sei nie eine christdemokratische Partei sozialdemokratischer gewesen als Merkels, keine SPD konservativer als die heutige und so weiter.
Die Wahrheit ist: Es gibt sie, die Unterschiede. Man sucht nur an der falschen Stelle. Nicht im Wahlprogramm stehen sie beschrieben, sie äußern sich vielmehr im sogenannten Dating-Verhalten der Wähler.
Bevor man sich nun aber eine Herzblatt- Spezialausgabe ausmalt, in der versucht wird, die verlassene mollige AfD-Wählerin zurück an den (grünen?) Mann zu bringen, mit dem sie gemeinsam ihre Ernährung umstellen könnte, sollte man genauer hinsehen. Denn liefern die Daten wirklich den ersehnten Überblick? Oder werfen sie nicht nur noch mehr Widersprüche und Unklarheiten auf?
„Auch wenn Sex im Flugzeug eher ein Mythos ist“, schreibt ElitePartner zum Thema erotische Experimentierfreudigkeit, „gehören immerhin vier Prozent der Grünen-Wähler zum Mile High Club.“ Was, möchte man fragen, hatten sie überhaupt in einem Flugzeug zu suchen? Wäre es nicht ökologischer gegangen? SPD-Wähler überraschen beim Thema Trennung: Sie würden den Partner in den Wind schießen, wenn er länger arbeitslos ist, „hier sind die Sozialdemokraten rigoroser als Anhänger anderer Parteien“. Arbeit als Fetisch der alten Arbeiterpartei? Wer keine hat, dem hilft man im Jobcenter, aber garantiert nicht mehr im Bett.
Auch wer versucht, die Daten auf Politiker anzuwenden, bleibt verwirrt zurück. Das Happy End bei den Wulffs dürfte es in der CDU, in der man doch zusammenbleibt, gar nicht geben. Und wenn schon Trennung, ist die Option „Zurück zum Ex“ in deutliches Merkmal der AfD-Wählerschaft (hier allerdings aus Angst vor einer Paartherapie). Bleibt zu resümieren: Die Lage ist verworren. Nur in einem scheint Deutschland ein Land von CDUlern zu sein: Die Menschen haben Angst davor, allein zu sein. Ohne Merkel fühlen sie sich nicht komplett.
Dieser Artikel stammt aus der ZEIT Nr. 26/2017
Foto: Bundeszentrale für politische Bildung